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Lebensmittelallergien

Nahrungsmittel haben oft gefährliche Wechselwirkungen

Der herzhafte Biss in den knackigen Apfel ist plötzlich kein Genuss mehr, sondern endet mit einer bösen Überraschung: ein unangenehmes Kribbeln und Brennen an den Lippen, am Gaumen und im Rachen. Wenn es ganz schlimm kommt, schwillt der Rachen an und die Luft wird knapp. Durch akute Atemnot oder einen Kreislaufzusammenbruch besteht sogar Lebensgefahr. Wer als Ursache Pestizide auf der Apfelschale vermutet, liegt hier falsch: Es handelt sich um eine Kreuzallergie, die bei Heuschnupfen-Patienten mit einer Allergie auf bestimmte Pollen immer häufiger vorkommt. Professor Karl-Christian Bergmann, Leiter der Allergie- und Asthmaklinik in Bad Lippspringe und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI): "Vor 15 bis 20 Jahren litten etwa 17 Prozent der Heuschnupfen-Patienten an einer Kreuzallergie. Jetzt sind es schon fast 60 Prozent. Hier gibt es großen Informationsbedarf!" Leider ist es nämlich oft eine richtige Detektivarbeit, den allergieauslösenden Stoffen auf die Spur zu kommen und herauszufinden, welche Lebensmittel die Übeltäter enthalten. "Nahrungsmittel-Allergiker sollten sich an einen Allergologen wenden", rät Professor Bergmann, "auf eigene Faust alle möglichen Lebensmittel wegzulassen, endet meistens in einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen.


Gummihandschuhe und Avocados liegen über Kreuz miteinander

Die Ursache für eine Kreuzallergie oder "pollenassoziierte Nahrungsmittel-Allergie", wie der medizinische Ausdruck heißt, ist eine immunologische Kreuzreaktion: Die Allergene aus Gräser-, Kräuter- oder Baumpollen gleichen in ihrer Struktur bestimmten Eiweißstoffen aus Früchten oder Gemüsesorten. Ist das Immunsystem auf ein Pollenallergen sensibilisiert, spielt es auch beim Kontakt mit ähnlichen Strukturen aus anderen Pflanzen verrückt. Baumpollen-Allergiker vertragen deshalb oft keine Äpfel, Kirschen, Pflaumen, Nüsse, Kiwi und Erdbeeren. Menschen mit einer Allergie auf Gräser und Getreide können Probleme beim Verzehr von Getreideprodukten und Hülsenfrüchten wie Erdnüsse oder Soja bekommen. Für Kräuterpollen-Allergiker, besonders bei einer Allergie auf Beifuß, können Sellerie, Mohrrüben und viele Gewürze gefährlich sein. Es sind aber nicht nur Pollenallergiker, die aufpassen müssen: Bei einer Allergie auf Naturgummi-Latex (z. B. in Gummihandschuhen) kann eine Kreuzreaktion zu Bananen, Kiwi und Avocados bestehen, und Hausstaubmilben-Allergiker reagieren oftmals empfindlich auf Meeresfrüchte wie Muscheln oder Krebstiere.


Gefahr durch nicht deklarierte Inhaltsstoffe

Es versteht sich von selbst, dass die allergieauslösenden Nahrungsmittel gemieden werden müssen. Im Allgemeinen wird nur rohes Obst oder Gemüse nicht vertragen, da die allergieauslösenden Eiweißstoffe hitzeempfindlich sind und durch Kochen oder Backen zerstört werden. Leider enthalten gerade Soja, Erdnüsse, Nüsse und Sellerie, die häufig versteckt in Lebensmitteln vorkommen, hitzestabile Allergene. Nicht deklariertes Sellerie in Gewürzmischungen oder Erdnuss- und Sojabeimengungen in Fertiggerichten können bei Allergiekranken einen lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen. Die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI) hält deshalb auf EU-Ebene eine Richtlinie über Höchstmengen an Allergenen für dringend erforderlich. Besonders Nahrungsmittel einer "Hitliste" der häufigsten Allergieauslöser sollten unbedingt gekennzeichnet werden: Nüsse, Erdnüsse, Sellerie, Soja, Erbsen, Milch und Eiklar. Doch auch dann bleibt ein Restrisiko durch Kontaminationen. Zum Beispiel können bei der Schokoladenherstellung Nuss-Allergene in eigentlich nussfreie Schokoladensorten gelangen, wenn vorher mit den gleichen Maschinen Nussschokolade hergestellt wurde. Priv.-Doz. Dr. Stefan Vieths, Lebensmittelchemiker am Paul-Ehrlich-Institut: "Wir haben in Sorten, bei denen keine Nüsse als Zutaten verwendet wurden, 100 Mikrogramm Protein aus Haselnüssen oder Erdnüssen pro 100 Gramm Schokolade, zum Teil auch erheblich höhere Mengen, gefunden. Dieser Allergengehalt kann ausreichen, um allergische Reaktionen hervorzurufen.


Allergie-Impfung hilft auch bei Kreuzallergien

Gegen die Symptome einer pollenassoziierten Nahrungsmittel-Allergie helfen antiallergische Medikamente wie Antihistaminika. Patienten, bei denen es durch Nahrungsmittel bereits zu einem allergischen Schock gekommen ist, sollten ein Notfallset mit Antihistaminika, Kortison und Adrenalinspray bei sich tragen. "Vor allem ist es wichtig, bei einem allergologisch ausgebildeten Facharzt genau testen zu lassen, auf welche Auslöser man reagiert", empfiehlt Professor Bergmann, "dann kann das Immunsystem durch eine spezifische Immuntherapie tolerant gegen die Allergene gemacht werden." Die spezifische Immuntherapie, auch als Hyposensibilisierung oder Allergie-Impfung bezeichnet, ist die bisher einzige ursächlich wirksame Therapie bei Allergien. Durch geringe Mengen eines Allergen-Präparates wird das Immunsystem an die Allergieauslöser gewöhnt. Schon im ersten Behandlungsjahr bessern sich die Symptome. Die Wirkung hält noch lange nach Beendigung der normalerweise drei Jahre dauernden Therapie an. Die spezifische Immuntherapie mit modernen, molekular standardisierten Präparaten hilft bei bis zu 90 Prozent der Heuschnupfen-Patienten und kann auch die Nahrungsmittel-Allergie bessern. Der beste Zeitpunkt für den Beginn der Therapie ist der frühe Herbst nach Ende des Pollenfluges
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